Das Reisen geht ihr schon lange auf die Nerven. Die Luft in den Flughäfen sei nicht gut für ihre Haut, die Hotelzimmer würden sie langweilen, und außerdem würde sie ihre Freundinnen in New
York vermissen. Mit denen sitzt Mariah Carey am liebsten schon nachmittags vor dem Fernseher und schaut Talkshows. Doch dafür ist derzeit wieder mal keine Zeit. Die Manager, ihre Plattenfirma und die Fans sind ungeduldig. Seit fast zwei Jahren gab es kein neues Studioalbum mehr. Deswegen hat sich Mariah Carey doch wieder in ein Flugzeug gesetzt und ist nach Capri geflogen, wo sie ihrem neuen Album Rainbow den letzten Schliff gibt. Max hat sie getroffen — leider zunächst nicht gerade in bester Verfassung.
“Entschuldigen Sie bitte, aber heute bin ich echt müde. Ich habe bis halb sieben gearbeitet. Es gibt jetzt nämlich eine Deadline für mein Album.”
Oha.
“Keine Sorge. Seit ich mit der Highschool fertig war, bin ich ja eigentlich ständig im Studio, um Musik aufzunehmen. Den Tipp mit Capri gab mir der Rapper Jay-Z, mit dem ich auch meine neue Single ‘Heartbreaker’ aufgenommen habe.”
Auch Ihre Kollegin Whitney Houston erhofft sich vom HipHop einiges. Sie besorgte sich Lauryn Hill als Produzentin.
“Ich schätze die neue schwarze HipHop-Generation um Jay-Z, Missy Elliot und Babyface wirklich sehr. Trotzdem wird Mariah Carey Mariah Carey bleiben. Auf meinem neuen Album wird es mehr schnelle R&B-Stücke geben, aber auch einige schöne Balladen. Sonst wären bestimmt viele Fans enttäuscht.”
Mit diesem Rezept haben Sie in den 90er Jahren mehr Platten verkauft als Madonna. Wie wollen Sie das übertreffen?
“Was den Erfolg angeht, kann es eigentlich kaum noch besser werden. Es ist schön zu wissen, dass zu meiner Musik rund um den Erdball die Leute miteinander knutschen. Im Armdrücken muss ich jedoch noch zulegen. Da habe ich neulich gegen meinen Leibwächter verloren.”
Sie machen Armdrücken?
“Seit der siebten Klasse. Früher habe ich alle Jungs in meiner Klasse besiegt. Wollen wir mal?”
Besser nicht. Sprechen wir lieber über Ihre Zukunft.
“Ich würde gerne ein ganzes Jahr Pause machen und nichts tun. Dieses ewige Rumjetten von einem Erdteil zum anderen macht mich wahnsinnig. Das wäre der totale Luxus, mein großer Traum.”
Was hält Sie davon ab?
“Meine Plattenfirma würde mich feuern.”
Das ist wohl eher ein Gerücht. Übrigens: Welcher Mariah-Carey-Gossip hat Sie am meisten amüsiert?
“Irgendein Trottel hat im Internet verbreitet, ich würde Hamster züchten. So ein Quatsch, aber da musste ich wirklich lachen.”
Was hat Sie geärgert?
“Diese Geschichte damals, als der König von Jordanien gestorben ist. Angeblich habe ich ihn mit dem Basketballer Michael Jordan verwechselt und dessen Angehörigen kondoliert. So etwas ist überhaupt nicht lustig. Aber viele Leute wollen mich halt weiterhin als doofe Blondine darstellen und akzeptieren nicht, dass ich älter geworden bin.”
Klingt verdächtig nach Ihrem Ex-Mann Tommy Mottola.
“Die Beziehung zwischen uns wurde zum Schluss tatsächlich immer schwieriger. Tommy ist ein phantastischer Mann, aber am Ende unserer Ehe wollte er sogar die Freunde für mich aussuchen. Leute, von denen er meinte, sie seien für mich ungefährlich. Ich fühlte mich stellenweise wie ein Haustier.”
Dann war Ihre angebliche Musterehe nur Lug und Trug?
“Nicht ganz. Früher habe ich viele Dinge einfach akzeptiert, weil ich wusste, dass Tommy das Beste für mich wollte. Aber wenn man älter wird, will man eigene Entscheidungen treffen. Tommy wollte das nicht akzeptieren. Ich fühlte mich wie im goldenen Käfig. Wenn er auf Reisen war, durfte ich niemanden sehen. Aber das ist selten passiert. Unser 60-Zimmer-Palast lag eine Stunde von New York entfernt, da hat mich fast niemand besucht.”
Wann haben Sie beschlossen, aus Ihrem goldenen Käfig auszubrechen?
“Als Tommy anfing, sogar meine Post und meine Anrufe zu kontrollieren. ‘Du musst hier raus, raus, raus’ war das einzige, was ich damals denken konnte.”
Tommy hat sicher getobt.
“Freunde erzählten mir, dass er sehr wütend war. Mir gegenüber wirkte er immer gefasst.”
Ein Grund, ihn wiederzusehen?
“Er ist der Boss meiner Plattenfirma. Da ist Kontakt unvermeidbar, auch wenn wir versuchen, uns aus dem Weg zu gehen.”
Würden Sie wieder heiraten?
“Irgendwann will ich Kinder, dann werde ich auch wieder heiraten. Das gehört für mich zusammen. Erst mal habe ich die Nase voll.”
Das wird Ihr neuer Freund Luis Miguel nicht gerne hören.
“Der versteht schon, warum ich meine Freiheit genießen will.”
Dazu gehört wohl auch Ihr Stilwechsel: weniger Balladen, mehr HipHop.
“Stimmt. Ich sehe das vor allem als einen Akt der Emanzipation. Tommy hat diese getragenen Balladen geliebt, ich dagegen wollte mich weiterentwickeln. So richtig gelingt mir das erst jetzt, nach der Scheidung. Jetzt habe ich auch die Möglichkeit, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten.”
Sie wollten einmal selbst Künstler produzieren. Jetzt wäre dafür doch ein günstiger Zeitpunkt.
“Meinen Sie? Mir sind von vielen Seiten Steine in den Weg gelegt worden. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Nur so viel: Das ist auch ein Grund, weswegen ich meinem Ex-Mann aus dem Weg gehen möchte.”
Mag er Ihren neuen Stil nicht?
“Ich weiß nicht. Er sagte einmal, für seinen Geschmack würde ich zu viel mit HipHoppern wie Puff Daddy und Jermaine Dupri abhängen. Vielleicht hat er Angst, ich werde schwarz (lacht).”
Oder so geschäftstüchtig wie er. Was würden Sie nie für Geld tun?
“Als ob das immer so einfach wäre. In meiner Branche ist man oft knapp davor, genau das zu tun, weil man nie allein das Sagen hat. Vom Produzenten bis zum Toningenieur — alle quatschen dir rein.”
Dafür werden Sie mit Preisen entschädigt: Gerade sind Sie von der US-Strumpfindustrie zur Amerikanerin mit den schönsten Beinen gewählt worden. Macht Erfolg sexy?
“Wie entzückend. Das ist doch alles nur ein großer Spaß. Luis fand das übrigens weniger lustig. Der meint schon, verstärkt auf mich aufpassen zu müssen.”
Das wollte auch Ihr Ex-Mann. Bevorzugen Sie den klassischen Ritter-Typus?
“Das ist meine Masche. Wenn man in Männern ihre Urinstinkte weckt, sind sie nicht zu halten. Vielleicht habe ich auch nur einen versteckten Hang zum Masochismus.”