“Kann ich bitte eine Tasse Tee haben?” Der Zimmerkellner nickt und verläßt auf leisen Sohlen die luxuriöse Suite im römischen Hotel Hassler. Mariah Carey (25) lehnt sich sichtlich erschöpft auf dem Ledersofa zurück und gähnt herzhaft. “Sorry, aber ich bin ziemlich geschafft!” entschuldigt sie sich lächelnd. “Ich habe heute schon so viele Interviews gegeben, das strengt mich sehr on und strapaziert meine Stimme. Die sonst so scheue Sängerin wirkt überraschend natürlich, locker — und sehr sexy. Sie trägt hautenge schwarze Lederhosen und ein dazu passendes schwarzes Oberteil, das den Bauchnabel blitzen läßt. Als der Kellner ihr das heiße Ge trank serviert hat, streckt sich Mariah der Länge nach auf dem Ledersofa aus und läßt die Füße, die in schwarzen Lederstiefeln stecken, über den Rand des Sofas baumeln. “Das ist das erste Interview, daß ich im Liegen mache,” lacht sie und nippt an ihrem Tee…
Pflegst du mit Tee deine Stimme?
Ja, ich trinke immer vor meinen Auftritten einen heißen Tee mit Honig, und Zitrone. Das entspannt die Stimmbänder. Zur Not tut es auch Eistee aus der Dose (lacht).
Ist deine empfindliche Stimme der Grund, warum du so selten live auftrittst?
Ich bin nicht der Typ, der Abend für Abend auf der Bühne stehen kann. Im Gegensatz zu den meisten anderen Sängern brauche ich genügend Abstand zwischen den Konzerten, um meine Stimme zu schonen. Sie ist sehr empfindlich und ich darf sie nicht überstrapazieren. Ich könnte mich zwar dazu zwingen, ohne Pause aufzutreten, aber mir ist meine Stimme wichtiger, denn schließ ich kommen Tausende von Fans, um mich zu hören. Für sie soll es dann auch so klingen, wie sie es erwarten Außerdem fühle ich mich nicht besonders wohl auf Tour. Ich bin ein sehr häuslicher Mensch.
Wo lebst du die meiste Zeit über?
In meinem neuen Haus in Westchester im Bundesstaat New York. Mein Ehemann Tommy (Mottola) und ich haben es nach unseren eigenen Plänen entworfen. Als es fertig war, waren wir beide überrascht, wie groß es geworden ist — ein richtiges kleines Schloß. Wir hatten immer neue Ideen, und wir wollten unsere Träume verwirklichen. Wir haben darin ein Tonstudio eingerichtet, so Hause meine Songs daß ich schreiben und gleich aufnehmen kann. Was ich an dem Haus am meisten mag, ist seine Nähe zu New York. Ich liebe das Landleben, aber ich habe keine lust, wie ein Einsiedler zu leben.
Wieviele Zimmer hat die Villa?
(lacht) Das weiß ich gar nicht so genau, aber ich sollte sie mal zählen, weil ich oft danach gefragt werde. Es sind gar nicht so viele, je des einzelne ist eben nur sehr groß. Ich brauche sehr viel Bewegungsfreiheit.
Wieviele Haustiere besitzt du?
Mehrere! Meine zwei Dobermänner “Duke” und “Princess,” einen Terrier namens “Jack” sowie vier Katzen: “Puffy,” “Clarence,” “Ninja” und “Thomkins.” Die Katze “Clarence” begleitet mich schon seit meinem dritten Schuljahr. Meine Mutter hat mir geschenkt, als “Clarence” noch ganz jung war. Mein Herz hängt sehr an meinen Tieren.
Willst du selbst einmal eine Familie gründen?
Ja, ich wünsche mir sehr ein Baby. Im Moment habe ich aber dafür Überhaupt keine Zeit, weil ich mich voll auf meine Karriere konzentriere. Kinder brauchen Zeit und viele Liebe. Ich fühlemich noch nicht reif, ein Kind großzuziehen. Meine Mutter bekam mich auch als sie Mitte dreißig war. Und ich glaube, da war sie besser vorbereitet als ich es jetzt mit 25 wäre. So werde ich das auch machen.
Du engagierst dich sehr stark für Kinder und bist sogar im Vorstand des Fresh Air Fund, einer amerikanischen Organisation, die armen und kranken Kindern hilft…
Auslöser für mein Engagement war das Schicksal meiner Schwester und ihres Sohnes. Als ich erfuhr, daß meine Schwester Aids hat habe ich tagelang geweint. Sie konnte sich nicht mehr richtig um ihren Net ten kümmern. Er lebt jetzt bei meiner Mutter. Diese unglückliche Familiengeschichte bewegte mich dazu, mich für andere Kinder, die in Not geraten, einzusetzen. Ich halte solche Organisationen wie Fresh Air Fund für total wichtig, denn manchen Kindern fehlt einfach nur ein Vorbild in ihrem Leben, jemand, der ihnen Rückhalt gibt und Orientierung verschafft.
Wie hilfst du konkret?
Ich unterstütze diese Organisation finanziell und setze mich in der Offentlichkeit für sie ein. Es gibt in New York Kinder, die in der Drogenszene oder auf der Straße aufwachsen. Wir wollen ihnen aus diesem Mileu raushelfen und ihnen eine neue Einstellung zum Leben vermitteln. Im “Camp Mariah,” das nach mir benannt worden ist, weil ich im letzten Jahr ein Wohltätigkeitskonzert dafür gegeben habe, zeigen wir den Kids jeweils einen Sommer lang, was wir “Career Awareness” (dt.: sich seinen Lebensweg bewußt machen) nennen.
Popstars wie Whitney Houston und Jon Bon Jovi drehen Filme. Hättest du nicht auch mal Lust, als Schauspielerin vor der Kamera zu stehen?
Nein. Ich konzentriere mich lieber ganz auf meine Musik, auf das Schreiben und Produzieren. Außerdem bin ich gerade dabei, meine eigene Plattenfirma zu gründen. Ich will junge Talente Fördern. Ich bin musikalisch ziemlich offen — egal ob Rap, Hip Hop oder Rhythm & Blues, jeder Musikstil hat seine Berechtigung. Ich will mit den Nachwuchssängern gemeinsam Songs schreiben und sie produzieren.
Ist die Arbeit als Produzentin das zweite Standbein deiner Karriere?
Nein, es macht mir einfach Spaß, mich mit Musik auseinanderzusetzen. Wenn ich einen Song schreibe, dann habe ich meistens eine sehr genaue Vorstellung davon, wie er am Ende klingen soll. An diesem Prozeß der Fertigstellung möchte ich lieber selbst beteiligt sein als ihn jemand anderem zu überlassen. Aber in in der Praxis machen Walter (Afanasieff, Mariahs Ko-Produzent und Arrangeur) und ich sowieso alles zusammen.
Wie entsteht so ein Song?
Meistens habe ich eine Melodie im Kopf, die ich Walter dann im Studio vorsinge. Er spielt etwas da zu, und so fügen wir einen Song zusammen. Das fertige Band nehme ich mit nach Hause und schreibe dann einen Text. Dabei lasse ich mich total von meinen Gefühlen leiten — jeder Text drückt die Gefühle aus, die die Musik in mir ausgelöst hat. Das funktioniert am besten zwischen drei und vier Uhr morgens, wenn ich ganz für mich alleine bin. Danach bin ich total ausgelaugt, aber auch glücklich, und vor fünf oder sechs Uhr morgens finde ich selten ins Bett.
Warum hast du für den Song “Fantasy” Teile der alten Tom Tom-Nummer “Genius of Love” verwendet?
Das Lied ist immer eins meiner Lieblingslieder gewesen, es ist einer der besten Songs aller Zeiten, so positiv und fröhlich. Als ich die Idee zu “Fantasy” hatte, hörte ich ihn zum ersten Mal noch langer Zeit wieder im Radio. Ich dachte gleich, wie großartig es wäre, Teile von ihm zu sampeln. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis: Die neue Melodie schmeichelt dem Originalsong und umgekehrt.
Deine aktuelle Single “One sweet Day” hast du mit Boyz II Men aufgenommen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich kenne die Gruppe seit Jahren und bin von ihren Soul-Stimmen fasziniert. Wir haben die Gesangs-Parts von “One sweet Day” einem Tag im Hit Factory-Studio in Manhattan aufgenommen und dabei sogar noch das Video dazu gedreht. Die Jungs von Boyz II Men sind echte Profis — ich habe von ihnen eine Menge gelernt!
Wann kommst du endlich live zu uns nach Germany?
Am 13. Januar trete ich bei Wetten, daß…? auf. In der Sendung stelle ich meine neue Single “Open Arms” vor. Im Frühsommer startet meine Welt-Tournee in Amerika. Danach werde ich nach Europa kommen. Die genauen Daten stehen noch nicht fest.